
Passion
Als ich mit der Arbeit an meiner fotografischen Darstellung des Kreuzwegs begann, war mir nicht klar, was daraus werden sollte. Was mir aber von Anfang an klar war: Ich wollte keinen Kreuzweg vor der Kamera inszenieren, keine Personen abbilden, die irgendwie verortet leiden sollten. Dann wäre ich nämlich als Künstlerin und Fotografin nur ein Paparazzo, ein Voyeur, nicht besser als die Menschen, die das Handy herausziehen, um einen Unfall zu fotografieren, und ich würde den Betrachter der Bilder nur in dieselbe Rolle drängen.
Was ich erreichen wollte, war dagegen etwas, das den Betrachter wirklich mitnähme, ihn beteiligte, hineinzöge in diese „alte Geschichte“, in diesen Prozess, ihn wirklich zum Mitleiden anregte, zum Nachdenken.
Aber wie sollte ich diese Intention umsetzen? Wie an eine Geschichte mit Folter und Tötungsarten herangehen, die schon zur damaligen Zeit – vor über zweitausend Jahren – als so grausam angesehen wurde, dass es undenkbar war, davon Bilder zu machen?
Die früheste bisher entdeckte Darstellung eines Gekreuzigten ist eine 1857 entdeckte Ritzzeichnung in der Mauer eines Anbaus an die Domus Flavia in Rom. Es ist eine heidnische Karikatur, die frühestens aus dem Jahr 123 n. Chr. stammen kann. Sie zeigt den Gekreuzigten mit einem Eselskopf, daneben ein Mensch und dazu der Text auf Griechisch: „Alexamenos betet seinen Gott an“ (ein grober Überblick dazu findet sich bei Wikipedia). Erst ab dem vierten Jahrhundert nach Christus kamen im Christentum erste Darstellungen der Kreuzigung auf.
Dies nahm ich mir zur Vorgabe und zeige in meinen Bildern keinen Gekreuzigten und kein klassisches Kreuz. Was ich zeige, sind die vier Materialien, die im historischen Kreuzweg eine Rolle spielen: Holz (das Kreuz), Stoff („sie warfen das Los um sein Gewand“), Eisen (die Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen wurde) und Stein (der Stein, der das Grab verschloss).
Diese Materialien werden in meinen Bildern durch Licht und Farbe, durch Bewegung und Perspektive zu Akteuren der einzelnen Szenen, stehen mal für Personen, mal stellvertretend für Stimmung und Gefühl.
Interaktiv wird der Kreuzweg durch die „Stationsbücher“,

„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ Dieser Satz von Paul Klee trifft meine Intention. Mit meiner Arbeit möchte ich Gefühle sichtbar und für den Betrachter erlebbar machen: Schmerz, Angst, Verlassenheit, Hoffnungslosigkeit, aber auch Hoffnung, Geborgenheit, Dankbarkeit, Mut und Entschlossenheit, Leid und Leidenschaft – Passion.
Südlohn, im Oktober 2025
Impressionen
